23.04.2014 | Kanu (Allg.)

Atlantik geschafft! Was nun Aleksander Doba?

Er hat es geschafft! Der Pole Aleksander Doba (67) ist am 17.04.14, um 23.20 Uhr, mit seinem Kajüt-Seekajak (700x90 cm; ca. 650 kg) in Port Canaveral (Florida/USA) angelandet.
Aleksander Doba

Gestartet war er zu dieser - seiner zweiten - Atlantikquerung von Lissabon (Portugal) aus, und zwar im Herbst letzten Jahres, am 5.10.13:

Madeiraließ er rechts liegen und die Kanarischen Inseln links. Mit Hilfe der „Naturgewalten“ auf der einen Seite, nämlich dem Nordost-Passatwind sowie dem Kanarienstrom, Nord-Äquatorialstrom und Antillen-Strom, und durch zähe „Handarbeit“ auf der anderen Seite, d.h. mit Hilfe eines Paddels, versuchte er sich Haiti (Große Antillen) anzunähern, um sich dann östlich entlang der Bahama-Inseln hochzuarbeiten bzw. hochtreiben zu lassen, und zwar bis New Smyrna (80 nördlich von Cap Canaveral) (Ostküste von Florida).

„Weltrekord“

Bis zum 10.01.14 ging auch sein Plan auf. Florida hatte er sich schon bis auf ca. 1.400 km genähert. Dann setzten für längere Zeit südliche bis westliche Winde ein, die ihn vom Kurs abbrachten und schließlich Richtung der Bermudas trieben, wo er am 24.02.14 nach 133 Tagen das erste Mal wieder Land betrat. Insgesamt hatte er dabei 8.334 km zurückgelegt. Weltrekord! Nur „Schiffsbrüchige“ waren länger unterwegs auf dem Ozean!

Aber A.Doba genügte nicht dieser „Weltrekord“! Er hatte es sich in den Kopf gesetzt, von Kontinent zu Kontinent, vom Festland Europas an das Festland Nordamerikas zu paddeln. Deshalb lies er sich von den Bermudas aus mit einem größerem Segelschiff, der „Spirit of Bermuda“, zurück an die Position bringen, wo ihn die „Naturgewalten“ nicht mehr weiter Richtung Westen treiben lassen wollten. Am 25.03.14 wurde er samt seines Kajüt-Seekajaks genau an der Position, wo er schon einmal am 10.01.14 vorbeigetrieben war, zu Wasser gelassen in der Hoffnung, nun ganz gezielt die verbleibenden ca. 1.400 km (Luftlinie) bis Florida zurücklegen zu können.

„Endspurt“

Seine Rechnung ging jedoch nicht sofort auf. Ein aus dem Südwesten blasender Wind trieb ihn für 1 Tag erneut zurück Richtung Bermudas. Dann aber dreht der Wind auf Ost und später Nordost, und zwar bis auf 3 Tage für die ganze restliche Zeit der Querung. Die Bahamas ließ er links liegen. Und die ca. 180 km weite Querung über die Florida-Straße, also dort wo der Golfstrom mit bis zu 6 km/h Richtung Nord strömt, konnte er dank eines frischen Nordost-Windes mit akzeptabler Abdrift in „Rekordzeit“ innerhalb von nur 25 Stunden hinter sich bringen und so kurz vor Mitternacht, am 17.04.14, in Port Canaveral anlanden. Glück gehabt; denn nur 24 Stunden später sollte lt. Windprognose der Wind wieder für mehrere Tage aus westlicher Richtung wehen!

A.Doba war brutto 157 Tage mit seinem Kajüt-Seekajak auf dem Atlantik unterwegs, netto – also ohne seinen 45-tägigen Abstecher zu den Bermudas – hätte er rein rechnerisch für die Querung Lissabon – Port Canaveral nur 112 Tage benötigt. Dabei hat er knapp 12.000 km zurückgelegt, wobei ca. 8.400 km für die reine Querung ohne den Notstopp auf den Bermudas anzurechnen wären. Aus der Sicht des Kanusports ist das eine schier „unmenschliche“ Leistung, die wir „Daheimgebliebenen“ uns gar nicht vorstellen können.

Warum?

Warum musste sich A.Doba das antun? „Ruhm & Ehre“ können eigentlich nicht die Triebfeder seines Handelns gewesen sein. Hat er doch schon einmal 2010-11 den Atlantik gequert, nämlich vom Senegal (Westafrika) nach Brasilien (Südamerika)!

Bemerkenswert dabei ist es, dass auch Hannes Lindemann zweimal den Atlantik überquert hat, und zwar einmal mit einem Einbaum und danach mit einem Faltboot. Okay, H.Lindemann ist überwiegend gesegelt! Außerdem hat er es „nur“ von Insel zu Insel, d.h. von Las Palmas (Kanarischen Inseln) bis nach St. Martin (Kleine Antillen) geschafft, dafür aber nicht in einem unsinkbaren, mit Kajüte ausgestattem Seekajak, welches eher einem geschlossenen Rettungsboot ähnelt, das auch mit einem Paddel etwas voranbewegt werden kann. Ist es doch ein Unterschied, ob einer wie H.Lindemann bei seiner Querung mit dem Faltboot zweimal kenterte, fast seine ganze Ausrüstung & Verpflegung verlor und dabei bis zu 9 Stunden neben seinem Faltboot hing, bis es ihm gelang, wieder zurück in seine Sitzluke zu klettern, oder ob einer wie A.Doba sich in eine wasserdichte „Kiste“ zurückziehen kann und dort abwartet, bis die bei Sturm unvermeidliche „Achterbahnfahrt inkl. Schleudergang“ wieder vorbei ist:

www.kuestenkanuwandern.de/geschi/050406_a.html

Was nun?

Nun, solche Kajüt-Seekajaks haben sich wohl als die „Lebensversicherung“ für Ozeanquerer erwiesen. Pete Bray schaffte mit so einem Boot (822x80 cm), 2001 den Nordatlantik von West nach Ost, von Neufundland (Kanada) nach Irland (Europa) zu queren (ca. 3.300 km in 76 Tagen):

www.kuestenkanuwandern.de/revier_a/070305.html

Die beiden Australier James Castrission und Justin Jonesquerten 2007-08 mit einem Zweier-Kajüt-Seekajak von Australien hinüber nach Neuseeland (ca. 2.100 km in 61 Tagen):

www.kuestenkanuwandern.de/geschi/080113.html

Dem Ungar Gabor Rakoncza gelang es 2011-12, in einem 7-Meter-Kajüt-Kanadier den Atlantik von Lagos (Portugal) bis nach Antigua (Kleine Antillen) zu überqueren (95 Tage mit Zwischenstopp auf einer Kanarischen Insel).

www.kuestenkanuwandern.de/geschi/120327.html

Und Aleksander Doba griff ja schon bei seiner Südatlantikquerung 2010-11 von Ost nach West auf ein Kajüt-Seekajak (700x100 cm) zurück (5.384 km gepaddelte Strecke in 100 Tagen):

www.kuestenkanuwandern.de/geschi/110329.html

Demgegenüber versuchte Andrew McAuley 2007 noch auf konventionelle Weise, d.h. mit einem serienmäßigen Einer-Seekajak (inkl. weniger Umbauten), zumindest die ca. 1.600 km weite Passage zwischen Tasmanien (Australien) und Neuseeland (Südinsel) zu queren. 30 Tage nach seinem Start, nur knapp 75 km vor dem Ziel, versank er jedoch nach einer Kenterung erschöpft in den Fluten:

www.kuestenkanuwandern.de/revier_a/070213.html

Am Bootsmaterial brauchen also solche Querungen nicht mehr zu scheitern … letztlich sehen wir das bei den Ruderinnen und Ruderern; denn die haben mit ihren Kajüt-Ruderbooten fast alles schon gequert, sodass bei ihnen immer häufiger nicht so sehr die Frage nach dem „Wohin?“ im Vordergrund seht, sondern eher die Frage nach dem „Wie schnell?“

Natürlich stellen Kajüt-Seekajaks ein „Nieschenprodukt“ dar. Sie werden nicht die Zukunft des Küstenkanuwanderns prägen; denn das werden wir auch weiterhin mit ganz normalen Seekajaks und Faltbooten ausüben, selbst wenn wir bestrebt wären, ganze Kontinente zu umpaddeln. Zumindest zeigt uns Freya Hoffmeister seit Jahren, dass wir dafür kein Kajüt-Seekajak benötigen.

Text:Udo Beier

Link: C.Mihell: The Olek Doba Kayak Mission Nears Completion

www.canoekayak.com/travel/olek-doba-kayak-mission-nears-completion/

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