05.10.2009 | Kanu (Allg.)

Alexander Grimm gewinnt adidas Sickline Extreme

In einem spannenden Finale sicherte sich Olympiasieger Alexander Grimm die Goldmedaille bei der adidas Sickline Extreme im österreichischen Ötztal. Grimm siegte mit 68 Hundertstel Vorsprung vor dem Neuseeländer Mike Dawson und dem Deutschen Jakobus Stenglein. Über 100 Top Kajaker aus zweiundzwanzig Nationen, darunter auch Olympiasieger und Weltmeister im Kanuslalom, waren angetreten, um auf der legendären Wellerbrückenstrecke um Weltmeisterehren zu kämpfen.

Die Top drei des Vorjahres – Thilo Schmitt (GER), Sam Sutton (NZL) und Michele Ramazza (ITA) – waren automatisch für das Finale an der Wellerbrücke gesetzt. 45 weitere Extrempaddler konnten sich am Freitag für den Wettkampf qualifizieren. Die insgesamt 48 Finalisten traten zunächst in einem ‚Head-to-Head’-Format gegeneinander an. Der beste Fahrer der Qualifikation ‚duellierte’ sich mit Platz 48, der zweite mit Platz 47 und so weiter. Der jeweils schnellere Kajaker eines Laufs zog weiter in die nächste Runde. Auch die TOP 24 traten wiederum in einem Kopf-an-Kopf Modus gegeneinander an. Dieses K.O.-System stellte sicher, dass auch Paddler aus dem Mittelfeld eine faire Chance hatten, sich mit guter Technik nach vorne zu arbeiten und dass die Schnellsten erst in der letzten Runde aufeinandertrafen. Drei ‚Lucky Loser’ zogen ebenfalls in die Runde der TOP 15 ein. Demzufolge kämpften die Besten der Besten im Superfinal um Edelmetall. Jeder in diesem hochkarätig besetzten Feld hatte Chancen auf den Sieg, daher durfte man sich nicht den geringsten Fehler leisten.

Der Franzose Fabrice Pouyeto eröffnete die finale Runde, die in umgekehrter Reihenfolge gestartet wurde (der schnellste der TOP 24 startete als letzter, der langsamste zuerst). Seine Zeit von 1:04,05 sicherte ihm zunächst den Platz im Hotseat Whirlpool an der Seite der amtierenden Miss Tirol, Christina Keil. Pouyetos Zeit wurde erst sechs Läufe später vom letztjährigen Sieger unterboten. Thilo Niklas Schmitt (GER) schaffte es, den Franzosen zu entthronen. Hochkonzentriert legte der Deutsche einen Superlauf auf dem 280 Meter langen anspruchsvollen Wildwasserkurs der Schwierigkeitsstufe V-VI hin. 1:02.16 zeigte die Uhr als der ‚Noch-Gewinner’ die Lichtschranke durchbrach. Führung und Hot Seat. Doch die Hälfte der Finalisten stand noch am Start – wie lange würde Schmitt den Platz im Softub Whirlpool halten können?

Alexander Grimm (Kanu-Schwaben / GER), der als nächstes an der Reihe war, streifte gleich nach dem Felsstart einen Stein. Doch der athletische Slalomfahrer brauchte nur ein paar kräftige Paddelschläge, um sich wieder auf Kurs zu bringen. Da sich der Olympiasieger von Peking eher in einem aalglatten Boot auf einem künstlichen Kurs zuhause fühlt als in einem Plastikkajak auf turbulentem Wildwasser, dachten viele seiner Mitstreiter, er habe keine Chance. Schließlich war die Sickline Extreme Grimms erstes Extrem-Wildwasserrennen. Als er jedoch den drei Meter hohen Wasserfall in nur 50 Sekunden erreichte, war jedem klar, dass sie ihn verkannt hatten. Mit einer Zeit von 1:00.46 nahm Grimm den Hotseat ein, noch bevor Thilo Schmitt es sich an der Seite von Miss Tirol im 38 Grad warmen Wasser gemütlich machen konnte.

Andrew Holcombe (USA), einer der heißen Anwärter auf den Titel, der in den vorangegangen Runden bereits Läufe unter einer Minute hingelegt hatte, musste Grimms Zeit nun unterbieten. Getreu seiner Holcombe-Manier sah es so aus, als würde er den Lauf ganz entspannt angehen. Tatsächlich raste er aber flussabwärts und fuhr dabei sehr sauber. Holcombe kam gut durch und als er den letzten Drop ebenfalls in 50 Sekunden erreichte, sah es schon so aus, als ob der Green Race-Sieger den Slalom Champion entthronen könnte. Doch an der Wellerbrücke muss man mit allem rechnen. Selbst der klitzekleinste Fehler kann einen Paddler wertvolle Sekunden kosten. Unmittelbar nach dem Drop blieb Holcombe stecken und wurde nach links weggedrückt wo er eben diese Sekunden verlor. Die Lichtschranke stoppte ihn bei 1:02.09. “Natürlich wollte ich unbedingt aufs Podium. All meine Linien waren gut, aber im letzten Abschnitt habe ich meine volle Leistung irgendwie nicht abrufen können“, analysierte Holcombe enttäuscht. „Ich habe ja gesagt, man gewinnt dieses Rennen am Start, aber man verliert es im letzten Drittel. Bei einem so harten Wettkampf auf einer der schwierigsten Wildwasserstrecken der Welt muss einfach jeder Paddelschlag sitzen.“

Jakobus Stenglein (GER), Team Slalom Weltmeister 1999, hatte aufgrund eines Rippenbruchs nur zwei Wochen für die adidas Sickline Extreme trainieren können. Nichtsdestotrotz hatte er es bis ins Superfinale geschafft und auch in seinem letzten Lauf legte der Augsburger Polizist einen guten Start hin. Im Gegensatz zu den meisten Finalisten wählte er die rechte Linie durch die Schlüsselstelle (Core Section). Stenglein versteht es ausgezeichnet, Wildwasser zu lesen. Im turbulenten Mittelteil vertraute er seinem Instinkt und wurde dafür mit der Bronzemedaille belohnt. Seine Zeit: 1:01.87.  Seinen Erfolg führt er auf eine gute Grundfitness und die mentale Vorbereitung zurück. „Vom Kopf her habe ich mich superfit gefühlt und wirklich daran geglaubt, dass ich eine Medaille gewinnen kann. Aber es war richtig hart, denn ich musste mich Runde um Runde in die Top 15 kämpfen. Der Start war heftig, aber das habe ich am letzten Drop rausgeholt. Ich hatte den ganzen Tag Probleme in der Core Section. Die ist zwar nur 20 Meter lang, aber sehr kräftezehrend. Entscheidend ist, dass man den richtigen Instinkt für das Wasser hat. Das unterscheidet die erfolgreichen Paddler von den anderen. Deshalb war auch nicht jeder Slalomfahrer so gut wie Alexander. Er hat diesen Instinkt.“

Sam Sutton (NZL), Zweiplatzierter von 2008, wollte sich unbedingt die Goldmedaille erkämpfen, die er letztes Jahr um elf Hundertstel verpasst hatte. Sutton hatte sich monatelang auf den Wettkampf vorbereitet, war in Top Form und fuhr im Training konstant gute Zeiten. Sogar die Zuschauer konnten sehen, dass der Neuseeländer schneller war als seine Vorgänger. Sutton fand eine perfekte Linie durch die 20 Meter lange Schlüsselstelle und erreichte den letzen Drop nach nur 49 Sekunden – schnellste Zwischenzeit. Doch in der Landung wurde Sutton nach links weggedrückt. Dort platzte sein Traum vom Titel. Mit einer Zeit von 1:02.32 sicherte er sich den siebten Platz und blieb damit weit hinter seinen Erwartungen. Die Enttäuschung stand dem 21jährigen Neuseeländer in Gesicht geschrieben. „Ich bin stinksauer. Ich hatte einen Superlauf und dann passiert mir so ein blöder Fehler am letzten Drop. Mein Boot ist stehen geblieben und ich musste wieder in den Katarakt zurückpaddeln. Das ist mir vorher bei keinem einzigen Lauf passiert, auch nicht im Training. Ich bin echt enttäuscht!“

Suttons Landsmann Mike Dawson (NZL) war der letzte, der Alexander Grimm die Goldmedaille noch streitig machen konnte. Während der erfahrene Extreme Racer auf seinen finalen Lauf wartete, ging er vor seinem geistigen Auge noch einmal die Rennstrecke durch. Nach dem Felsstart landete Dawson zu weit rechts, doch mit ein paar kräftigen Paddelschlägen brachte er sich zurück auf Kurs. Im Mittelteil streifte sein Paddel einen Stein, ansonsten blieb sein Lauf fehlerfrei und auch er erreichte den finalen Drop in 50 Sekunden. Die Lichtschranke stoppte ihn bei 1:01.15. Zweiter Platz. „Natürlich war mein Ziel dieses Rennen zu gewinnen, aber der Zweiter zu werden ist fantastisch. Ich freue mich auch riesig für Alex. Wir haben schon viele Slalomrennen zusammen bestritten und dies war sein allererstes Extreme Race. Daher freue ich mich, dass wir gemeinsam auf dem Podium stehen. Allein die Wellerbrückenstrecke drei Mal hintereinander ohne Blessuren herunter gekommen zu sein ist schon großartig. Und jetzt sitze ich hier im wunderschönen Ötztal in einem Whirlpool neben Miss Tirol mit einem Bier in der Hand. Besser kann der Tag nicht enden!“ Auf die Frage, was er unter Sickline versteht antwortete Dawson: „Für mich ist eine Sickline, die sauberste Linie, die mühelos aussieht. Aber eine Sickline kann Dich auch rollen und Du tauchst mit einer gebrochenen Nase wieder auf. Heute war die Sickline auf jeden Fall die schnellste Linie!“

Der Olympiasieger 2008 und frisch gebackene adidas Sickline Extreme Champion verblüffte seine Gegner. Doch Alexander Grimm überraschte am allermeisten sich selbst, wie er nach dem Rennen bescheiden zugab. “Heute habe ich mich selber übertroffen. Vor dem Rennen stand ich am Ufer und habe mir den Kurs angeschaut. Das Wasser war so wuchtig. Ich war unglaublich nervös und wusste nicht, was ich machen sollte. Ich habe niemals damit gerechnet, es überhaupt ins Superfinale zu schaffen geschweige denn eine Zeit von 1:00,46 zu fahren. Heute Morgen hätte ich nicht daran geglaubt, hier gewinnen zu können und jetzt sitze ich hier in diesem Pool. Ich denke, es war eine Kombination aus körperlicher Fitness und der Gabe, die richtige Linie zu finden, die mir zum Sieg verholfen hat. Und natürlich etwas Glück, denn das gehört auch dazu. Auf einer so turbulenten Strecke kann alles passieren. Du triffst einen Stein und verlierst gleich ein paar Sekunden. Aber ich hatte heute nach jedem Lauf ein gutes Gefühl, denn ich habe jedes Mal etwas dazu gelernt und mich verbessert. Mein letzter Lauf war der beste. Nach der Slalomsaison war ich auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Ich wollte mal etwas ganz anderes ausprobieren. Mein WM-Ergebnis war nicht so gut und die Vorbereitung auf dieses Rennen hat meinen Kopf wieder frei gemacht.“
Auf die Frage wie sich der unerwartete Erfolg nun anfühlt, sagte Grimm: „Nun, ich sitze hier in einem Whirlpool mit einer Goldmedaille um den Hals, Miss Tirol an meiner Seite und einem Bier in der Hand. Es fühlt sich verdammt gut an!“

1.    Alexander Grimm /GER/Kanu Schwaben mit 1.00.46 Minuten
2.    Mike Dawson/NZL mit 1.01.15
3.    Jakobus Stenglein/ GER/Kanu Schwaben mit 1.01.87
4.    Dejan Kralj/ SLO mit 1.02.07
5.    Andrew Holcombe / USA mit 1.02.09
6.    Thilo Schmitt / GER / RKV Bad Kreuznach mit 1.02.16 (Vorjahres Weltmeister WW)
7.    Sam Sutton / NZL mit 1.02.32 (Vorjahres Vize Weltmeister)
8.    Michele Ramazza / ITA mit 1.02.90 (Vorjahres Dritter der WW WM)
9.    Eric Deguil / FRA mit 1.03.93
10.    Fabrice Poueyto / FRA mit 1.04.19
11.    Ralf Schaberg / GER mit 1.05.22
12.    Jakub Nemec / CZE mit 1.06.58
13.    Andraz Krpic / SLO mit 1.08.40
14.    Daniel Mairgrinter / ITA mit 1.08.79
15.    Thomas Waldner / ITA mit 1.16.92

Die komplette Ergebnisliste finden Sie unter: www.adidas-sickline.com

Pressemitteilung des Veranstalters
Bild: M. Arnu

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