01.06.2009 | Umwelt & Gewässer

Die Donau soll nicht eingekerkert werden

Seit 2002 haben immer mehr Kanusportler und Naturschützer den Feiertag Christi Himmelfahrt schon lange vorher dick in ihren Kalender eingetragen: Es ist der Tag der Donau-Kundgebung. Und er wird es bleiben! So lange, bis die bayerische Staatsregierung ihre Pläne für einen Ausbau mit Staustufe/n zwischen Straubing und Vilshofen aufgibt. Die letzten 70 Kilometer auf deutschem Boden sollen auch weiterhin frei fließen können! Damit bleibt das einzigartige Biotop Isarauen erhalten, damit dürfen auch eine ganze Anzahl selten gewordener Arten weiterleben!
Der Bayerische und Deutsche Kanu-Verband hatte unter der Führung von „Donau-Max“ Scharnböck wieder deutschlandweit Kanusportler animiert, sich am Kanuwandern zum Donaufest zu beteiligen. Und noch nie waren so viele Paddler gekommen: Über 100 Kajaks – Einer, Zweier, Canadier und das Drachenboot der Regensburger Donaudrachen – fuhren von Maria Posching nach Niederalteich zum Donaukreuz.

Auflagen

Bis aus Niedersachsen, Thüringen und Sachsen, sogar aus der Schweiz und aus Österreich waren die Paddler gekommen. Erstmals beteiligten sich auch Ruderer an dieser Protestfahrt. Sie alle genossen ihre Kanutour bei strahlendem Sonnenschein im Schatten des Bayerischen Waldes – immer im Bewusstsein: Wie lange noch?

Die Behörden hatten diese angemeldete Fahrt nicht leicht gemacht und eine ganze Anzahl von Auflagen und deutlichen Informationen gefordert. Diese gab Max Scharnböck vor dem Einsetzen bekannt: Unter anderem sollten die Brückenjochs in Deggendorf nicht gleichzeitig mit Frachtschiffen befahren werden, und die Isarmündung durfte bei Großschiffsverkehr nicht passiert werden.

Aufruf zum Boykott

Und tatsächlich: Von den fünf Frachtschiffen, die an diesem Tag die Donau befuhren, näherte sich eines genau zu dem Zeitpunkt, an dem die Paddler die Nähe der Isarmündung erreicht hatten. Die Wasserschutzpolizei verhinderte rechtzeitig ein Aufeinandertreffen an dieser „heiklen“ Stelle ...

Die Überraschung wartete dann in Niederalteich: Eine so große Zahl bekennender Ausbau-Gegner hatte dieser Platz noch nicht gesehen. Mindestens 2.000 Leute saßen und standen dicht gedrängt am Ufer und auf dem Damm! Der Unmut über das Verhalten der Staatsregierung zieht Kreise! Ja, dieser Unmut gipfelte sogar darin, dass Redner öffentlich in aller Deutlichkeit zum Boykott der regierenden Partei bei den kommenden Wahlen aufriefen!

Sintflut als Folge

Die Verzweiflung wächst sichtbar. Wenn der von der Regierung geplante Ausbau der Donau mit einer Staustufe (eine zweite müsste aufgrund der dann drohenden Probleme mit dem Grundwasser unweigerlich folgen) in die Realität umgesetzt würde, würde das einzigartige Biotop Isarauen in den aufgestauten Fluten versinken. Käme es dann zu einem Hochwasser, könnten in Niederalteich die Dämme das viele Wasser nicht mehr auffangen.

Ein Banner an einem Haus zeigte auf, bis wohin dann die Donau fluten würde: Bis unter das Fenster im ersten Stock. Dieses Haus liegt allerdings keineswegs tiefer als alle anderen im Ort. Für Niederalteich würde das die Sintflut bedeuten. Statt Hochwasserschutz werde Hochwasser geplant. Bürgermeister Josef Thalhammer sah durch diese Art der Politik „die Werteordnung auf den Kopf gestellt. Wir sind hier, um aufzuzeigen, wo die Grenzen sind!“

4,5 Promille

Altabt Emmanuel Jungclaussen vom Kloster Niederalteich zog den theologischen Vergleich: „Nur der Heilige Geist kann eine Anrührung der Geister bewirken, damit man Ja sagt zum Erhalt der frei fließenden Donau!“

Gezielte Falsch-Information wurde den Politikern des bayerischen Hafenforums vorgeworfen. Eine Studie bestätigt, dass durch den Bau des Kanals (er soll die Mülhamer Schleife abschneiden) nur 4,5 Promille des Straßenverkehrs auf das Schiff verlagert würden.

Erneutes Gutachten

Der Freistaat Bayern habe das Kunststück fertig gebracht, dieses Stück frei fließende Donau bei der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie als „erheblich verändert“ zu melden, so dass es in die schlechteste Kategorie eingestuft wurde, klagte Ludwig Sothmann, der Vorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz. Das Landsamt für Umweltschutz habe nun diese Einstufung revidiert und die Bewertung „natürliches Gewässer“ nach Brüssel weitergegeben. „Und für solche Flussabschnitte gilt das Verschlechterungsverbot!“, drückte Sothmann seine Hoffnung aus.

Umweltminister Dr. Markus Söder habe sich im Januar gegen den unsachgemäßen Ausbau der Donau nach der Huber-Doktrin positioniert und befürworte den Umbau im Einklang der Natur. Aber das ist Auslegungssache. MdL Melanie Huml wies beim Bayerischen Kanutag immer wieder darauf hin, dass aufgrund der Koalitionsvereinbarung ein erneutes Gutachten abgewartet werden muss. Vorher könne man nichts sagen.

Unterschriften

Die neue Untersuchung nach dem Bundestagsbeschluss kostet 33 Millionen Euro – für den best untersuchten Flussabschnitt, den es je gab. Und das trotz Wirtschaftskrise, trotz höchster Neuverschuldung!

Den geforderten „Bezug zur Natur“ hatte an dieser Veranstaltung niemand so lebensnah bewiesen wie die Kanusportler, die mit dem Boot gekommen waren. Schon im Vorfeld hatten sie sich auf Unterschriftenliste gegen den Donau-Ausbau eingetragen. Rund 400 Unterschriften übergab Max Scharnböck jetzt an den Vorsitzenden der Kreisgruppe Deggendorf. Dieser hatte zur Unterstützung im Kampf gegen den Donauausbau von der Kreisgruppe Landshut bereits einen Scheck in Höhe von 2.500 Euro erhalten.

Schiffe anpassen

„Bäume schreien nicht ... Fische weinen nicht ... Flüsse klagen nicht ...“ Mit einem Text aus „Wort zu Gottes Schöpfung leitete DKV-Vizepräsident Hermann Thiebes seine Aufforderung zum Kampf gegen Missstände ein: „Wer sich zur Wehr setzt, kann seinen Kampf verlieren. Wer sich aber nicht gegen Missstände zur Wehr setzt, hat bereits verloren!“

Für rund 30 Schiffe täglich solle dieses Stück Donau geopfert werden. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Vorhersagen von Fachleuten über ein höheres Aufkommen von Frachtschiffen nicht eingetroffen sind und auch nicht eintreten werden. Die Stromerzeugung könne kein Grund sein, die letzten Kilometer frei fließender Donau zu opfern. „Die Schiffe müssen dem Fluss angepasst werden, und nicht der Fluss den Schiffen“, forderte Thiebes lautstark.


Kein Geld der Welt
„Es kann nur einen Ausbau geben: die staustufenlose Variante A!“ – Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz Bayern, fürchtete: „Wir bekommen die Quittung für grenzenlose Gier und müssen Jahrzehnte die Rechnung zahlen!“ Die ökonomische Krise könne vielleicht noch mit viel Geld abgewendet werden, aber gegen die drohende ökologische Krise sei man machtlos. „Da hilft kein Geld der Welt!“

In der Flurbereinigung habe das Umdenken bereits vor einiger Zeit begonnen. Hier hat der Rückbau zu naturnahen Gewässern bereits vor einiger Zeit wieder eingesetzt. „Warum sollte das beim politischen Auftrag bei den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen nicht auch gelingen?“ So klang zum Abschluss der Kundgebung ein kleiner Funken Hoffnung durch.

Uschi Zimmermann
 
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