Der Bayerische und Deutsche Kanu-Verband hatte unter der
Führung von „Donau-Max“ Scharnböck wieder deutschlandweit
Kanusportler animiert, sich am Kanuwandern zum Donaufest zu
beteiligen. Und noch nie waren so viele Paddler gekommen: Über
100 Kajaks – Einer, Zweier, Canadier und das Drachenboot der
Regensburger Donaudrachen – fuhren von Maria Posching nach
Niederalteich zum Donaukreuz.
Auflagen
Bis aus Niedersachsen, Thüringen und Sachsen, sogar aus der
Schweiz und aus Österreich waren die Paddler gekommen. Erstmals
beteiligten sich auch Ruderer an dieser Protestfahrt. Sie alle
genossen ihre Kanutour bei strahlendem Sonnenschein im Schatten
des Bayerischen Waldes – immer im Bewusstsein: Wie lange
noch?
Die Behörden hatten diese angemeldete Fahrt nicht leicht
gemacht und eine ganze Anzahl von Auflagen und deutlichen
Informationen gefordert. Diese gab Max Scharnböck vor dem
Einsetzen bekannt: Unter anderem sollten die Brückenjochs in
Deggendorf nicht gleichzeitig mit Frachtschiffen befahren
werden, und die Isarmündung durfte bei Großschiffsverkehr nicht
passiert werden.
Aufruf zum Boykott
Und tatsächlich: Von den fünf Frachtschiffen, die an diesem
Tag die Donau befuhren, näherte sich eines genau zu dem
Zeitpunkt, an dem die Paddler die Nähe der Isarmündung erreicht
hatten. Die Wasserschutzpolizei verhinderte rechtzeitig ein
Aufeinandertreffen an dieser „heiklen“ Stelle ...
Die Überraschung wartete dann in Niederalteich: Eine so große
Zahl bekennender Ausbau-Gegner hatte dieser Platz noch nicht
gesehen. Mindestens 2.000 Leute saßen und standen dicht
gedrängt am Ufer und auf dem Damm! Der Unmut über das Verhalten
der Staatsregierung zieht Kreise! Ja, dieser Unmut gipfelte
sogar darin, dass Redner öffentlich in aller Deutlichkeit zum
Boykott der regierenden Partei bei den kommenden Wahlen
aufriefen!
Sintflut als Folge
Die Verzweiflung wächst sichtbar. Wenn der von der Regierung
geplante Ausbau der Donau mit einer Staustufe (eine zweite
müsste aufgrund der dann drohenden Probleme mit dem Grundwasser
unweigerlich folgen) in die Realität umgesetzt würde, würde das
einzigartige Biotop Isarauen in den aufgestauten Fluten
versinken. Käme es dann zu einem Hochwasser, könnten in
Niederalteich die Dämme das viele Wasser nicht mehr
auffangen.
Ein Banner an einem Haus zeigte auf, bis wohin dann die Donau
fluten würde: Bis unter das Fenster im ersten Stock. Dieses
Haus liegt allerdings keineswegs tiefer als alle anderen im
Ort. Für Niederalteich würde das die Sintflut bedeuten. Statt
Hochwasserschutz werde Hochwasser geplant. Bürgermeister Josef
Thalhammer sah durch diese Art der Politik „die Werteordnung
auf den Kopf gestellt. Wir sind hier, um aufzuzeigen, wo die
Grenzen sind!“
4,5 Promille
Altabt Emmanuel Jungclaussen vom Kloster Niederalteich zog den
theologischen Vergleich: „Nur der Heilige Geist kann eine
Anrührung der Geister bewirken, damit man Ja sagt zum Erhalt
der frei fließenden Donau!“
Gezielte Falsch-Information wurde den Politikern des
bayerischen Hafenforums vorgeworfen. Eine Studie bestätigt,
dass durch den Bau des Kanals (er soll die Mülhamer Schleife
abschneiden) nur 4,5 Promille des Straßenverkehrs auf das
Schiff verlagert würden.
Erneutes Gutachten
Der Freistaat Bayern habe das Kunststück fertig gebracht,
dieses Stück frei fließende Donau bei der Europäischen
Wasserrahmenrichtlinie als „erheblich verändert“ zu melden, so
dass es in die schlechteste Kategorie eingestuft wurde, klagte
Ludwig Sothmann, der Vorsitzende des Landesbunds für
Vogelschutz. Das Landsamt für Umweltschutz habe nun diese
Einstufung revidiert und die Bewertung „natürliches Gewässer“
nach Brüssel weitergegeben. „Und für solche Flussabschnitte
gilt das Verschlechterungsverbot!“, drückte Sothmann seine
Hoffnung aus.
Umweltminister Dr. Markus Söder habe sich im Januar gegen den
unsachgemäßen Ausbau der Donau nach der Huber-Doktrin
positioniert und befürworte den Umbau im Einklang der Natur.
Aber das ist Auslegungssache. MdL Melanie Huml wies beim
Bayerischen Kanutag immer wieder darauf hin, dass aufgrund der
Koalitionsvereinbarung ein erneutes Gutachten abgewartet werden
muss. Vorher könne man nichts sagen.
Unterschriften
Die neue Untersuchung nach dem Bundestagsbeschluss kostet 33
Millionen Euro – für den best untersuchten Flussabschnitt, den
es je gab. Und das trotz Wirtschaftskrise, trotz höchster
Neuverschuldung!
Den geforderten „Bezug zur Natur“ hatte an dieser
Veranstaltung niemand so lebensnah bewiesen wie die
Kanusportler, die mit dem Boot gekommen waren. Schon im Vorfeld
hatten sie sich auf Unterschriftenliste gegen den Donau-Ausbau
eingetragen. Rund 400 Unterschriften übergab Max Scharnböck
jetzt an den Vorsitzenden der Kreisgruppe Deggendorf. Dieser
hatte zur Unterstützung im Kampf gegen den Donauausbau von der
Kreisgruppe Landshut bereits einen Scheck in Höhe von 2.500
Euro erhalten.
Schiffe anpassen
„Bäume schreien nicht ... Fische weinen nicht ... Flüsse
klagen nicht ...“ Mit einem Text aus „Wort zu Gottes Schöpfung
leitete DKV-Vizepräsident Hermann Thiebes seine Aufforderung
zum Kampf gegen Missstände ein: „Wer sich zur Wehr setzt, kann
seinen Kampf verlieren. Wer sich aber nicht gegen Missstände
zur Wehr setzt, hat bereits verloren!“
Für rund 30 Schiffe täglich solle dieses Stück Donau geopfert
werden. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Vorhersagen
von Fachleuten über ein höheres Aufkommen von Frachtschiffen
nicht eingetroffen sind und auch nicht eintreten werden. Die
Stromerzeugung könne kein Grund sein, die letzten Kilometer
frei fließender Donau zu opfern. „Die Schiffe müssen dem Fluss
angepasst werden, und nicht der Fluss den Schiffen“, forderte
Thiebes lautstark.
Kein Geld der Welt
„Es kann nur einen Ausbau geben: die staustufenlose Variante
A!“ – Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz
Bayern, fürchtete: „Wir bekommen die Quittung für grenzenlose
Gier und müssen Jahrzehnte die Rechnung zahlen!“ Die
ökonomische Krise könne vielleicht noch mit viel Geld
abgewendet werden, aber gegen die drohende ökologische Krise
sei man machtlos. „Da hilft kein Geld der Welt!“
In der Flurbereinigung habe das Umdenken bereits vor einiger
Zeit begonnen. Hier hat der Rückbau zu naturnahen Gewässern
bereits vor einiger Zeit wieder eingesetzt. „Warum sollte das
beim politischen Auftrag bei den Wasser- und
Schifffahrtsdirektionen nicht auch gelingen?“ So klang zum
Abschluss der Kundgebung ein kleiner Funken Hoffnung
durch.
Uschi Zimmermann