Birkenfeld (dp) Die selben Streckenverhältnisse wie in Monschau gab es für die Wildwasserkanuten im Nordschwarzwald beim Ranglistenrennen auf der Enz: Wie bei fast allen Wettkämpfen der Saison hatten die Veranstalter mit wenig Wasser zu kämpfen, die Rennen konnten aber auf den geplanten Strecken ausgetragen werden. Zumindest Größtenteils: Denn gegen Ende des ersten Wettkampftages stellte plötzlich ein Kraftwerk den Kanuten das Wasser ab und diese saßen buchstäblich auf dem Trockenen. Erst nach einer längeren Pause konnten die Wettkämpfe fortgesetzt werden.
Die notwendige handbreit Wasser unter dem Kiel wurde nicht an jeder Stelle der Strecke erreicht, sodass es einige Grundberührungen zu vermelden gab und der ein oder andere Sportler kurzerhand in die Flickkiste greifen musste, um die teuren Sportgeräte kurzfristig wieder renntauglich zu machen: „Wenn das Wasser noch weiter sinkt, können wir Räder an unsere Boote montieren und Stöcke in die Hand nehmen“, scherzte Weltmeister Johannes Baumann und bringt mit dem „Nordic Canoeing“ eine neue Sportart ins Spiel. Zusammen mit Lars Walter konnten sich die letztjährigen Weltmeister über einen zweiten Rang über die Sprintdistanz freuen und bewiesen damit aufsteigende Form. Den Canadier Zweier konnten sowohl über die Classic- als auch über die Sprintdistanz Normen Weber und Rene Brücker (RG Deutschland) gewinnen. Damit setzte Weber ein dickes Ausrufezeichen hinter seine Ambition, bei der diesjährigen WM sowohl im kleinen, als auch im großen Canadier an den Start gehen zu wollen um somit im besten Fall die doppelte Anzahl an Medaillen mit nach Hause zu nehmen. Überraschend das Ergebnis von Altmeister Stephan Stiefenhöfer der zusammen mit Guido Wahl (Köln) auf einen guten dritten Rang fuhr, nur vier Zehntel hinter den Weltmeistern Baumann / Walter (Fulda).
Nachdem in Monschau noch bekannte Gesichter auf dem Podium standen, gab es auch im Herrenfeld auf der Enz gleich mehrere Überraschungen. Nach dem Classic-Rennen am Sonntag sah alles wie gehabt aus: Tobias Bong (Köln) konnte seine Dominanz fortsetzten und bleibt auf der klassischen Distanz ungeschlagen. Achim Overbeck (Braunschweig) und Marc Rösner (Altrip) folgten auf den Plätzen zwei und drei. Mit dem Sieg avanciert Bong zum Topfavoriten im Classic beim Kampf um die WM-Plätze.
Über die Sprintdistanz hat sich dieses Jahr jedoch einiges getan, es kristallisiert sich eine klare Spezialisierung zwischen Classic- und Sprintdistanz heraus. Bei den Fulda-Kanu-Rennen zu Saisonbeginn gewann Lokalmatador Josef Baumann die kurze Distanz und melde somit seine Ansprüche auf ein WM-Ticket an. Auf der Enz wollte der jüngere der beiden Baumann Brüder seinen zweiten Sieg im Sprint einfahren, um für die WM-Quali auf der sicheren Seite zu sein:
Aufgrund beruflicher Verpflichtungen ist es möglich, dass der Lehramtsstudent nicht an der WM-Qualifikation im französischen La Plagne teilnehmen kann. „Ich fange zum 23. April eine neue Referendariatsstelle an einer Schule an. Da sowohl WM-Quali als auch die Deutschen Meisterschaften in die Schulzeit fallen, steht es noch nicht fest, ob ich Sonderurlaub bekomme.“
Um den Trainerrat dennoch dazu zu bewegen, ihn für die WM zu nominieren, sollten möglichst zwei Siege bei den Sprintrennen auf der Enz und in Hohenlimburg her. Somit stand er auf der Enz unter enormen Druck. Nach Sprintlauf eins noch auf dem für ihn enttäuschendem vierten Rang liegend, setzte er im zweiten Durchgang alles auf die Karte Sieg und ging volles Risiko. Dies sollte sich auszahlen. Am Ende stand für ihn Rang zwei zur Buche, hinter Überraschungssieger Björn Beerschwenger (Köln), der sein erstes Rennen in der Herren-Leistungsklasse gewann. Das ungewohnte Podium komplettierte Björn Barthel auf Rang drei. Die Medaillengewinner aus dem Classicrennen platzierten sich im Mittelfeld. Somit darf man auf eine dramatische WM-Quali gespannt sein, denn hier werden Alrounder gesucht die beide Strecken beherrschen.
Im Damenfeld lieferten sich die Deutschen einen spannenden Wettkampf mit der Konkurrenz aus der Schweiz. Das Classicrennen entschied Sabine Eichenberger (Schweiz) vor Manuela Stöberl (Rosenheim) und Alke Overbeck (Celle) für sich. Im Sprintrennen gab es gar einen Schweizer Doppelsieg: Chantal Abgottson gewann vor Sabine Eichenberger und Alke Overbeck. Zweitbeste Deutsche wurde Sandra Ott (Köln) auf dem vierten Gesamtplatz.
Bevor in der zweiten Mai-Woche die WM-Qualifikation im französischen La Plagne ansteht, haben die Sportler zuvor noch die Möglichkeit beim Sprint-Ranglistenrennen in Hohenlimburg (29.04.2012) sich für einen der begehrten Startplätze bei der Quali zu empfehlen.
Aufgrund der Leistungsdichte und der vielen unterschiedlichen Sieger vor allem im Herrenbereich darf mit spannenden Qualifikationsplätzen zu rechnen sein. Letztendlich wird wohlausschlaggebend sein, wer über beide Distanzen konstant gute Leistungen bringt.
von David Piaskowski