04.10.2010 | Kanu (Allg.)

Kiwi dominiert die adidas Sickline Extreme

Zum vierten Mal in Folge wurde im österreichischen Ötztal die adidas Sickline Extreme ausgetragen. Gewinner in diesem Jahr ist der Neuseeländer Sam Sutton.
Sam Sutton gewinnt auf der Oetz

150 der weltbesten Wildwasserkajaker aus 26 Nationen trafen sich im beschaulichen Ortchen Oetz, um auf dem als Wellerbrücke bezeichneten Abschnitt der Ötztaler Ache, einer der schwierigsten und legendarsten Wildwasserstrecken der Welt, um den Titel zu kämpfen.

Im Vergleich zum Vorjahr fiel das Finale der Top 15 der Sickline 2010 zwar weniger knapp, aber nicht minder spannend und emotional aus. Während 2009 nur hundertstel Sekunden zwischen Platz 1 und 2 lagen, sicherte sich diesmal der 22-jährige Neuseeländer Sam Sutton den Titel mit einem komfortablen Vorsprung von 2,14 Sekunden vor Michele Ramazza aus Italien (1:00.99) und Lukas Kalkbrenner aus (Kanu Schwaben Augsburg / Deutschland in 1:01.13).

Mit einer unglaublichen Zeit von nur 58,85 Sekunden erzielte Sutton nicht nur einen neuen Streckenrekord, der adidas Sickline Athlet war auch der einzige der 15 Finalisten, der die 1-Minuten-Schallmauer im Superfinal durchbrach. Mike Dawson aus Neuseeland, Silbermedaillengewinner des Vorjahres, und Thilo Schmitt, Sickline Gewinner 2008, hatten zwar im Semifinale Zeiten unter einer Minute hingelegt, konnten aber im entscheidenden letzten Rennen diese Leistung nicht wiederholen.

Der Finaltag an der Wellerbrücke begann zunächst mit 48 Finalisten. Nach zwei K.O. Runden mit jeweils 2 "Lucky Losern" kämpften die Besten der Besten im Superfinal der Top 15 um Edelmetall. Jeder in diesem hochkaratig besetzten Feld hatte Chancen auf den Sieg, daher durfte man sich nicht den geringsten Fehler leisten. Die Nervosität war den Kajakern deutlich ins Gesicht geschrieben.

Den Auftakt machte "Lucky Loser" Basti Lexa. Mit einer Zeit von 1:08,47 durfte er als erster im Softub Whirlpool neben Miss Tirol 2009, Christina Keil, Platz nehmen. Die von ihm vorgelegte Zeit konnte erst drei Läufe später von "Lucky Loser" Paul Bokelmann (1:07.73) unterboten werden, der jedoch gleich darauf von Michele Ramazza aus dem Whirlpool vertrieben wurde.  Der 26-jährige Italiener besetzte den Hot Seat bis Sam Sutton an den Start ging und die perfekte, fehlerfreie und schnellste Linie durch das 6 Grad kalte Wildwasser fand. Ramazza legte die 280 m lange Strecke durch den Gletscherfluss in einer Zeit von 1:00.99 zurück und es schien, als konnte er sich damit einen Platz auf dem Podium sichern.

Dejan Kralj, einer der erfahrensten Wildwasserkajaker im Feld und schnellster der Qualifikation, startete gleich nach Ramazza. Kralj war zwei Jahre in Folge vierter bei der Sickline WM und hoffte, in diesem Jahr endlich den Sprung aufs Podium zu schaffen. Obwohl er einen soliden Lauf hinlegte, wurde er am letzten Drop, dem "Champions Killer" ins Kehrwasser gedrangt und verlor wertvolle Sekunden. "Es ist wirklich schwer auf die Medaillenrange zu fahren, wenn man sich einen kleinen Fehler erlaubt, so wie ich heute. Wenn ich Glück habe und mich nächstes Jahr nicht verletze, dann hoffe ich bei der adidas Sickline 2011 erneut um Gold zu kämpfen."

Unmittelbar nach dem Slowenen startete der Franzose Eric Deguil voller Zuversicht, in diesem Jahr endlich den Weltmeistergurtel zu gewinnen. Wie viele der Extrempaddler aus aller Welt hatte er sich intensiv auf die Sickline vorbereitet. Doch auch ihm machte die Wellerbrucke einen Strich durch die Rechnung. Mit einer Zeit von 1:06.79 wurde er am Ende nur siebter. Seine erste Reaktion im Ziel: "Ich bin eigentlich ganz zufrieden mit meinem Lauf. Im ersten Teil bin ich sogar richtig gut gefahren, aber am Ende war meine Zeit einfach nicht gut genug. Ich hoffe nachstes Jahr lauft´s besser."

Titelanwärter Sam Sutton folgte als nächstes, selbstbewusst nach seinen beiden guten Läufen in der K.O. Runde. Und er erwischte eine Sickline, die perfekte Linie, die ihn buchstäblich über Katarakte und Wasserfalle fliegen lies. Suttons fehlerfreier Lauf wurde mit der Tagesbestzeit belohnt. "Ich hatte groses Glück mit meinen letzten Lauf. Ich habe mir gesagt, wenn Du ohne Fehler da durchkommst, dann reicht das wahrscheinlich fürs Podium. Ich habe versucht, mich locker zu machen und hatte einen reibungslosen, nahezu perfekten Lauf, was will man mehr? Nachdem er es sich im Whirlpool neben Christina Keil bequem gemacht hatte, meinte Sutton: "Es fühlt sich so gut an hier im Hot Seat mit Miss Tirol zu sitzen und sich endlich mal nicht über Fehler in jedem Lauf ärgern zu  müssen. Ich wusste erst, dass ich richtig schnell war, als ich meine Zeit sah, es war wahrscheinlich der beste Lauf meines Lebens und das hat sich einfach super angefühlt.?

Obwohl er das Finale der besten 15 erreicht hatte und zwölfter wurde, war adidas Athlet Gerd Serrasolses aus Spanien nicht besonders glücklich, denn in seinem letzten Lauf vermasselte er die Crux, rollte und wurde kopfüber den letzen Wasserfall hinuntergespült. "Ich habe mich tierisch unter Druck gesetzt, weil ich meinen vierten Platz im Semifinale verbessern wollte. Am Anfang habe ich eine gute Linie erwischt, doch dann habe ich meinen Lauf ziemlich verhauen und konnte nichts mehr machen."

Lukas Kalkbrenner zeigte schon in der K.O. Runde eine konstant gute Leistung und landete nach seinem dritten Platz im Semifinale auch mit seinem letzten Lauf auf Rang 3. Der Slalomspezialist genoss es sichtlich, seine gute Leistung im 37 Grad warmen Softub neben Sutton und Ramazza zu feiern. "Ich bin sehr glücklich, denn mit diesem Ergebnis habe ich wirklich nicht gerechnet. Mein Ziel war ins Superfinale zu kommen, und es ist genial, dass ich nun neben Sam und Michele hier im Whirlpool sitze. Sas ist mit Abstand mein bestes Wildwasserergebnis. Nächstes Jahr bin ich auf jeden Fall wieder dabei, denn dieses Event ist einfach grosartig.?

Als nächstes startete einer der haushohen Favoriten, Thilo Schmitt. Voll konzentriert und mit geschlossenen Augen ging Schmitt seine Ideallinie und die einzelnen Paddelschläge in Gedanken noch einmal durch. "Ich war unglaublich nervös vor dem Start. Es ist so hart, wenn man bis zum Schluss warten muss und sieht wie die anderen Jungs vor einem Hammerzeiten fahren. Ich habe mein Bestes gegeben, aber den Champions Killer habe ich komplett vermasselt." Seine Zeit von 1.01.78 war schnell, aber nicht schnell genug. Am Ende landete der Sickline Gewinner von 2008 mit 65 Hundertstel Ruckstand auf Lukas Kalkbrenner auf Rang vier.

Richtig dramatisch wurde es jedoch erst im letzten Lauf, als der schnellste Paddler des Semifinales und Topfavorit auf den Titel, Mike Dawson (24) aus Neuseeland, Mühe hatte, überhaupt ins Ziel zu kommen. Auf halber Strecke erwischte es ihn kalt im sogenannten "TNT Katarakt", nach einer Rolle wurde Dawson mehrere Sekunden rückwarts den Katerakt runtergespült und verlor gleich mehrere Sekunden. Der Teamsieger von 2009 kämpfte sich zuruck in die Stromung, doch als er die Lichtschranke im Ziel durchbrach zeigte die Uhr 1:11.39, Platz 13. Sichtlich enttäuscht paddelte Dawson davon.

Sein Landsmann Sam Sutton dagegen hatte allen Grund zu feiern. Mit der Goldmedaille um den Hals und dem begehrten Siegergürtel in der Hand sagte Sam strahlend: "Ich hatte ein geniales Jahr und ich bin superglücklich die Saison mit einem Weltmeistertitel beenden zu können. Fur mich ist heute ein Traum in Erfüllung gegangen. Seit ich mit dem Kajaken begonnen habe, war das mein Ziel."

Und Vizeweltmeister Michele Ramazza fugte hinzu: "2008 habe ich Bronze gewonnen, jetzt kommt die Silbermedaille hinzu. Ich nähere mich dem Titel Schritt für Schritt. Nächstes Jahr hole ich mir Gold, vorausgesetzt der "Kiwi" lässt mich. Ich liebe dieses Rennen, denn es ist eine extrem harte körperliche Herausforderung und erfordert gleichzeitig eine ausgezeichnete Technik. Und man trifft auf starke Konkurrenz, denn die besten Kajaker der Welt treffen hier aufeinander. Wir haben jede Menge Spass uns jedes Jahr im Rahmen des Rennens wieder zu sehen."

Von Sonja Hamel
Bild: Manuel Arnu

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