Mit Olympiagold krönte das 24-jährige Potsdamer Canadier-Ass Sebastian Brendel eine Entwicklung, die ihn in den letzten vier Jahren vom Ersatzmann bei den Spielen 2008 in Peking über den dreimaligen Gewinn der Europameisterschaft und dem Sieg im Gesamt-Weltcup 2012 nun auch auf den olympischen Thron im Canadier-Einer über 1000m geführt hat. „Das ist ein Gefühl, das kann man sich gar nicht vorstellen, ich habe jetzt noch ganz weiche Knie“, sagte der Champion noch ganz unter dem Eindruck der Siegerehrung und dem Jubel der zahlreichen deutschen Fans und fügte hinzu: „Ich habe hart dafür gearbeitet. Dass jetzt alles so geklappt hat wie ich es mir erträumt habe, das ist einfach Wahnsinn.“ Über das Erfolgsrezept im bislang wichtigsten Rennen seines Lebens, bei dem er sich vor dem Olympiasieger von 2004 und Silbermedaillengewinner von 2008 David Cal Figueroa (ESP) und dem mit ihm punktgleichen Gesamt-Weltcupsieger dieses Jahres Mark Oldershaw (CAN) durchsetzte, sagte der Bundespolizei- meisteranwärter: “Als der Startschuh ’runter ging, war ich sofort online. Ich habe schon auf dem ersten Teilstück gemerkt, dass heute auf jeden Fall was geht. Und am Ende habe ich nur noch an die vielen deutschen Fans und vor allem an meine Tochter gedacht, für die ich viel zu wenig da bin. Ihr widme ich diesen Sieg.“ In der Stunde seines größten Erfolges unterstrich er auch den Anteil, den sein erster Trainer Michael Tümmler in Schwedt sowie sein jetziger Heimtrainer in Potsdam Ralph Welke daran haben. Beide hatten seine Triumphfahrt auf dem Dorney Lake auf der Tribüne miterlebt.
Damen-Flaggschiff sorgt diesmal für silbernen Glanz
Gold im Visier hatte nach viermaligem Olympiasieg hintereinander und sowie zwei Weltcup-Siegen und dem EM-Titel in diesem Jahr auch der Kajak-Vierer der Damen über 500m mit Carolin Leonhardt (Mannheim), Franziska Weber, Katrin Wagner-Augustin (beide Potsdam) und Tina Dietze (Leipzig). Im erwartet heißen Duell mit den Ungarinnen geriet das DKV-Quartett am Start leicht in Rückstand, den die deutschen Damen bis ins Ziel dann nicht mehr aufholen konnten. Somit ging der Olympiasieg an Ungarn, das deutsche Boot kam auf den Silberrang und Bronze ging an Weißrussland. Schlagfrau Carolin Leonhardt bekannte nach dem Rennen: „Im ersten Moment ist man natürlich etwas enttäuscht, wenn man sich Gold vorgenommen hat. Dennoch denke ich haben wir Silber gewonnen. Die Ungarinnen hatten heute einfach das bessere Rennen. Unsere Stärke, der Endspurt, konnte daran auch nichts mehr ändern.“ Auch die viermalige Olympiasiegerin Katrin Wagner-Augustin haderte etwas mit den am Start liegen gelassenen Zehntelsekunden: „Hätten wir den Start richtig erwischt, hätten wir vielleicht gewonnen.“ Franziska Weber, die mit Tina Dietze im K2 über 500m morgen noch einmal um die Medaillen kämpft, meinte zum ersten Edelmetall bei ihrer Olympia-Premiere: „Silber ist auch schön. Das war so toll auf dem Steg da unten bei der Siegerehrung, dass wir da unbedingt noch mal hin wollen.“
Kajak-Herren holen im Einer und Zweier im Endspurt noch Bronze
Besser als bei seinem fünften Rang vor vier Jahren in Peking, aber auch nicht gerade mit Platz vier wollte Europameister Max Hoff (Essen) im Kajak-Einer der Herren über 1000m diesmal abschneiden. Im engen Feld der Finalisten, wo nahezu alle für einen Medaillenrang in Frage kamen, hielt sich der gebürtige Troisdorfer zunächst über Dreiviertel der Strecke auf Platz fünf, während an der Spitze vor allem Weltmeister Adam von Koeverden (CAN) und dahinter der Olympiasieger von 2004 und Silbermedaillengewinner von 2008 Eirik Veras Larsen die Pace machten. Auf dem letzten Streckenviertel packte dann Max Hoff seinen Trumpf aus: Mit einem unwiderstehlichen Finish kassierte er die vor ihm liegenden Anders Gustafsson (SWE) und Rene Holten Poulsen (DEN) und kam auch immer näher an den schwächer werdenden Kanadier vor ihm heran, nur erreichen konnte er ihn nicht mehr. Damit ging Gold an Larsen, Silber gab es für Koeverden und auch Max Hoff hatte seine erste Olympiamedaille: „Das war ein hartes Stück Arbeit. Ich hab’ mich am Anfang ein bisschen schwer getan, bin hinten dann aber noch mal ganz gut ’rangekommen. Es war mein Ziel, eine Medaille zu gewinnen. Das habe ich erreicht und damit ist einer meiner größten Träume in Erfüllung gegangen“, sagte der 29-Jährige und zeigte sich zugleich bestens motiviert für das morgige Finale im K4 über 1000m: „Ich freue mich auf die zweite Chance morgen mit dem Vierer, und sollten wir da auch eine Medaille gewinnen, dann kann ich erst recht zufrieden sein.“
Ebenfalls zufrieden waren die Olympiasieger von Peking Martin Hollstein (Neubrandenburg) und Andreas Ihle (Magdeburg) mit Bronze in einem von Anfang an hart umkämpften Finale im K2 über 1000m. Auch sie sicherten sich nach einer verhaltenen ersten Rennhälfte mit einem vehementen zweiten Teilstück noch den Medaillenrang hinter den Olympiasiegern aus Ungarn Dombi/Kökeny und den Portugiesen Pimenta/Silva. „Wir sind ’runtergeknallt was ging und haben das Beste aus uns ’rausgeholt“, meinte Andreas Ihle zu ihrem Abschneiden und auch Schlagmann Martin Hollstein unterstrich: "In meiner gesamten Karriere war das bestimmt das härteste Rennen. Wir sind stolz auf Bronze."
Positive Bilanz zum Ende des ersten Finaltages
Chefbundestrainer Reiner Kießler sprach nach dem letzten Rennen von einem „von Anfang an spannenden Finaltag“ und unterstrich: „Uns war klar, dass alles sehr knapp wird. Wir wollten vier Medaillen in den vier Disziplinen und das ist uns auch gut gelungen. Aber es gibt auch Länder, wo die Konkurrenz heute eben einen Tick besser war, das muss man neidlos anerkennen.“ DKV-Sportdirektor Dr. Jens Kahl wertete die Bronzemedaille im K1 der Herren als „Initialzündung“, hob Sebastian Brendels „grandioses Rennen“ hervor und schloss in die positive Tagesbilanz auch die Silbermedaille des Damen-Vierers und die Bronzemedaille des Herren-Zweiers ein, auch „wenn man vielleicht in diesen beiden Rennen noch ein bisschen mehr erhofft haben mag. Aber es gibt eben auch andere Nationen, die wissen, wie man schnell paddelt. Uns verbleiben noch immer fünf Chancen um drei Medaillen zu holen.“ Sichtlich zufrieden zeigte sich letztlich auch DKV-Präsident Thomas Konietzko: „Wir liegen voll im Plan, vier Rennen, vier Medaillen und da ist noch Luft nach oben. Ich bin überzeugt, dass wir noch die eine oder andere Überraschung sehen werden. Im Moment sind wir glücklich, dass unser Vorhaben bisher so aufgegangen ist.“
Alle Ergebnisse unter: www.london2012.com/canoe-sprint
Text: H.-P. Wagner
