Im ersten A-Finale des Tages setzte sich die Potsdamerin Katrin Wagner-Augustin mit einem überzeugenden Rennen und am Ende sechseinhalb Zehntelsekunden Vorsprung vor Titelverteidigerin und Vizeweltmeisterin Danuta Kozak (HUN) sowie der Weltcup-Zweiten von Posen Spela Ponomarenko Janic (SLO) durch. Die 34-jährige Sportsoldatin sagte nach ihrem zweiten internationalen Titelgewinn auf der olympischen Einer-Distanz der Damen: „Ich brauchte mir und auch anderen hier nichts zu beweisen und konnte das Finale ganz entspannt angehen, zumal wir schon im Vierer Gold geholt hatten. So gab es keinen Druck. Ich habe mich auf der Strecke wohl gefühlt und erst gar nicht nach der Konkurrenz geschaut, sondern bin ganz mein eigenes Rennen gefahren. Ich wusste, dass ich auch am Ende nicht einbreche und musste nicht einmal mehr Vollgas geben.“ Mehr als überzeugt hatte sie damit auch Damen-Bundestrainer Jochen Zühlke: „Ich hatte nach dem Vorlauf mit Silber spekuliert. Aber wie sie die Aufgabe im Finale gelöst und den Titel geholt hat, das war perfekt.“ Ebenfalls begeistert zeigte sich DKV-Präsident Thomas Konietzko: „Dass sie gut sein würde, das wusste ich, dass sie aber so gut fahren würde, das hatte ich mir auch nicht vorstellen können. Damit haben wir den Ungarinnen eine harte Nuss zum Knacken gegeben, im ungarischen Lager wird man jetzt wohl etwas ins Grübeln kommen.“ Mit Blick auf einen möglichen Olympia-Start im Einer meinte die Europameisterin: „Ein Start im K1 bei Olympia ist eine sehr aufregende Sache, vielmehr als im Vierer. Da muss man wirklich 100-prozentig seine Leistung abrufen können. Im Moment sieht es erstmal gut aus. Und auch, dass das Einer-Finale nach dem Vierer ist, der für mich absolute Priorität hat, macht die Entscheidung etwas leichter.“
Der Titelgewinn von Katrin Wagner-Augustin blieb am Vormittag die einzige Medaille für den DKV. Dort, wo die Chancen auf weiteres Edelmetall am größten waren, mussten die DKV-Boote mit dem undankbaren vierten Rang Vorlieb nehmen. So auch im K2 der Damen über 500m, wo Franziska Weber (Potsdam) und Tina Dietze (Leipzig) den Titelgewinnerinnen und Olympiasiegerinnen von 2008 Kovacs/Douchev-Janics aus Ungarn sowie Khudzenka/Paltaran (BLR) und Naja/Mikolajczyk (POL) den Vortritt lassen mussten. Auf Rang vier hinter Dänemark, Rumänien und Serbien fuhr auch der K4 der Herren mit Marcus Groß, Norman Bröckl (beide Berlin), Max Hoff (Essen) und Tim Wieskötter (Potsdam). „Das Rennen war heute schon besser als in Duisburg. Dennoch können wir nach dem Training im Vorfeld der EM und ohne spezifische Vorbereitung nicht erwarten, gleich ganz vorn mitzufahren. Die Ergebnisse an der Spitze verschieben sich jedes Mal sehr stark, das Gedränge um die Medaillenränge ist sehr groß. Wir müssen jetzt sehen, dass wir unsere vier Athleten im Boot noch optimaler aufeinander abstimmen. Das Potenzial ist jedenfalls da“, bilanzierte Kajak-Herren Coach Detlef Hofmann.
Ebenfalls auf Rang vier hinter den Booten aus Tschechien, Rumänien und der Ukraine kam der C2 über 500m mit Tomasz Wylenzek (Essen) und Stephan Holtz (Leipzig). Im C1 belegte Ronald Verch (Potsdam) hinter den Medaillengewinnern Mathieu Goubel (FRA), Martin Fuksa (CZE) und David Cal (ESP) sowie Iosif Chirila (ROU) zeitgleich mit dem Ukrainer Oleksander Maksimchuk Rang fünf. Im K1-Finale der Herren fuhr Tom Liebscher (Dresden) auf Platz neun. Martin Hollstein (Neubrandenburg) und Andreas Ihle (Magdeburg) gewannen das B-Finale im K2 der Herren über 500m.
In den Sprintrennen über 200m am Mittag durften die DKV-Athleten noch einmal über Gold und Silber jubeln. Franziska Weber und Tina Dietze präsentierten sich zweieinhalb Stunden nach ihrem vierten Rang über 500m in der von ihnen in diesem Jahr gewohnten Stärke und sicherten sich den EM-Titel vor den 500m-Vizeeuropameisterinnen Khudzenka/Paltaran (BLR) und dem portugiesischen Boot Vasconcelos/Gomes. Eine freudestrahlende Franziska Weber meinte nach dem Rennen: „Da war so viel Wut mit im Bauch. Dieser Sieg war genau das, was wir jetzt brauchten. Die Niederlage über 500m hat uns nur noch stärker gemacht für das kommende Training im Hinblick auf Olympia. Manchmal muss eben die Generalprobe erstmal schief laufen.“ Und ihre Zweierpartnerin Tina Dietze fügte hinzu: „Die 500m heute waren nicht unser Rennen. Irgendetwas hat gefehlt. Das war natürlich erstmal niederschmetternd und tat weh. Der 200m-Sieg ist daher eine kleine Entschädigung – oder auch eine große.“
Auch Ronald Rauhe (Potsdam) und Jonas Ems (Essen) zeigten sich überaus zufrieden mit ihrem zweiten Platz im K2-Finale der Herren hinter den amtierenden Europameistern und Vizeweltmeistern des Vorjahres Heath/Schofield (GBR): „Wir sind dran und auch wenn der Start nach dem Training zuvor noch nicht so richtig spritzig war, so sind wir auf der Strecke gut dabei gewesen“, meinte Schlagmann Ronald Rauhe zu dem hart umkämpften Rennen und fügte hinzu: „Für uns ist nicht allein die Platzierung wichtig, sondern der Abstand nach vorn, und der stimmt uns optimistisch für das kommende Training bis zu den Spielen.“
Weiterhin belegten über 200m Tomasz Wylenzek und Stephan Holtz im C2 ebenso wie Cathrin Dürr (Karlsruhe) im C1 der Damen Platz sieben. In den B-Finals fuhren Silke Hörmann (Karlsruhe) im K1 der Damen auf Rang drei und Tom Liebscher auf Rang fünf.
Als Fazit der Europameisterschaften von Zagreb äußerte vor den abschließenden Langstreckenrennen DKV-Präsident Thomas Konietzko: „ Zunächst einmal überwiegt das Positive. Aber es wäre schlimm, wenn wir nicht die eine oder andere Aufgabe noch mit in die weitere Olympiavorbereitung nehmen würden. Mit den hier gezeigten Leistungen können wir aber durchaus optimistisch die letzte Etappe bis zu den Spielen in London angehen.“ Chefbundestrainer Reiner Kießler unterstrich: „Wir haben in den olympischen Disziplinen die sieben Medaillen, die wir haben wollten, aber es kommen bei Olympia ja noch weitere Nationen dazu. Wir müssen nun unsere Reserven in der Definition und Organisation unserer Wettkampfleistung bis zu Olympia weiter ausprägen, damit wir dann in London auf den Punkt fit sind. Dafür gilt es den Schwung der EM jetzt mitzunehmen.“
Komplette Ergebnisse: www.eczagreb2012.com
Text: H.-P. Wagner
