30.05.2017 | Kanu (Allg.)

Freya: Abenteuer pur - Tag #63

Freya Hoffmeister paddelt ihre Route! Vancouver Island hat sie abgehakt und die kanadische „Inside Passage“ auch.

Seit dem 53. Fahrtentag kämpfte sie sich entlang der „Inside Passage“ von Alaska. Ihr nächstes größeres Ziel ist die Überwindung der Passage zwischen Prince Rupert (CDN) und dem ca. 500 km entfernt liegenden Sitka (Alaska).

Unterwegs mit einem „Ami“

Am 16.5.17 verließ sie Prince Rupert. Seitdem hat sie ca. 320 km zurückgelegt (Stand: 25.5.17). Z.Zt. paddelt sie mal wieder nicht solo! Sie wird bis Sitka von dem – ihr unbekannten („Blind Date!“) - Amerikaner Mike Dziobak (61) begleitet, der dafür extra per Auto 4 Tage lang aus Michigan (USA) anreiste. Ein Experiment, welches nicht ohne Risiko ist. Dennoch, die 10 Tage mit Justine Curgenven waren ein voller Erfolg und die mit Mike scheinen auch nahezu reibungslos zu vergehen. Freya packt wohl vor dem Start etwas schneller, dafür ist Mike mit seinem US-amerikanischen QCC-KAYAK „Q700X“ (549x53 cm) unterwegs kaum zu bremsen. Freya verfügt bei der Querung von Brecherzonen mehr Erfahrung, aber Mike erkennt das an und folgt ihr dann, wenn es kritisch wird, nahezu „blind“. Freya liebt den Kontakt zum nahen Wasser und zeltet möglichst dicht hinterem Spülsaum und Mike, nun der verzieht sich lieber im bewaldeten Hinterland, weil das mehr Windschutz und Schutz vor fliegender Gischt bietet. Dafür – und damit sind wir wieder beim ersten Punkt - braucht er etwas länger, um am nächsten Morgen sein ganzes „Gerödel“ wieder zurück zum Seekajak zu bringen. Nur eines muss noch Mike begreifen, bei einer Annäherung aus dem Hinterland Freya rechtzeitig zuzurufen: „Hey Freya, I am not a bear!“!

Foto (Zeltstillleben):
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10154442409926302&set=pcb.10154442178981302&type=3&theater

Hochwasserprobleme

Bislang verläuft alles reibungslos … fast. Am 62. Fahrtentag verschätzte sie sich an der Ostseite von Dall Island damit, wie hoch in der Nacht die Tide auflaufen wird. Eigentlich dürfte es kein Problem sein, den Hochwasserstand abzuschätzen; denn wir können am Spülsaum erkennen, wie hoch das letzte Hochwasser auflief und daraus ableiten, wie hoch das nächste Hochwasser etwa auflaufen könnte. Nur, dass ist die Theorie! In der Praxis gibt es jedoch stets mehrere Spülsäume, nämlich die von der Nipp-Tide, der Mitt-Tide, der niedrigen Spring-Tide, der höheren Spring-Tide (=> HAT = Highest Astronomical Tide / Höchster Gezeitenwasserstand (HGzW) und die von der Sturmflut. Das Vertrackte dabei ist nur, dass trockenliegende Anlandestelle manchmal trügerisch trocken liegen, d.h. so flach liegen, dass sie nicht immer den für die Zeltaufbauentscheidung relevanten Spülsaumen zeigen, da er u.U. im nahen Urwald liegt!

Der Ängstliche verzieht sich dann mit seinem Zelt im Urwald, der fast undurchdringlich bis an die Hochwasserlinie reicht, und der Mutige sucht sich den aktuellsten Spülsaum aus und baut – sofern Platz vorhanden ist – kurz dahinter sein Zelt auf. Der letzteren muss sich jedoch bewusst sein, dass manchmal das nächste Hochwasser u.U. höher auflaufen kann; d.h. das „Nachthochwasser“ kann höher sein als das „Taghochwasser“. Der Grund dafür liegt an den Gezeitenkräften; denn es gibt ja i.d.R. innerhalb von 24 Std. stets zwei Hochwasser, wobei – so eine Interpretation der Gezeitentheorie -  das eine Hochwasser im Wesentlichen von der Anziehungskraft des Mondes erzeugt wird und das andere Hochwasser von den Fliehkräften. Welche Kraft nun ein höheres Hochwasser verursacht, können wir den Gezeitentafeln entnehmen oder z.B. der „Gezeiten“-App. Diese zeigt für die Region, wo sich Freya & Mike gerade am 24.5.17 aufhielten, auf, dass nicht nur eine Spring-Tide zu erwarten war, sondern auch dass das Hochwasser um 12.44 Uhr 3,60 m hoch auflief und das nächste Hochwasser in der Nacht um 00.30 Uhr 4,40 m hoch anstieg, also 90 cm höher. Ja, und diese 90 cm führten dazu, dass Freya & Mike eine unruhige Nacht erlebten. Es begann damit, dass kurz nach Mitternacht das Wasser immer lauter plätscherte und endete damit, dass zumindest Freya für eine knappe Stunde lang, den Teil ihres Zeltbodens, der etwas tiefer lag, anhob, damit er nur unter- aber nicht überspült wurde.

Vorsicht Stromkabbelung!

Ja, wer sich nach Alaska begibt, der kann immer was erleben. Am Fahrtentag #62 war es das extra hohe Nacht-Hochwasser und ….. am nächsten Fahrtentag, dem Tag #63, mußten nördlich von Dall Island die Tlevak Narrows, eine Meeresenge, gequert werden, in dem während der Hochphase der Tide eine Gezeitenströmungsschnelle (Tidal Race) sich ausbildet, die bis zu 15 km/h, bei Springtide sogar noch stärker strömen kann:

https://tidesandcurrents.noaa.gov/currents11/tab2pc3.html (> Tlevak Strait)

Diese Stromkabbelung galt es, möglich in der Niedrigwasserphase zu meistern, was jedoch voraussetzte, dass schon kurz nach 5 Uhr früh am Morgen gestartet und folglich schon um kurz vor 4 Uhr aufgestanden und gepackt werden musste (Sonnenaufgang ca. 4.30 Uhr). Da Freyas Begleiter, Mike, zu langsam packte, paddelte sie schon mal voraus, wohl wissend, dass er sie noch vor der Enge einholen würde. Um es vorweg zu nehmen, noch während der Stauwasserphase konnten beide diese Enge durchfahren.

Text: Udo Beier
Quelle: http://freyahoffmeister.com/posts/ > Day #62 und #63
Karte vom Routenverlauf: www.freyahoffmeister.com > Expeditions >North America > Trip Maps

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