278 t Salz – das entspricht der Ladung von vier Eisenbahnwaggons – transportiert die Werra im Auftrag der K + S Kali GmbH binnen einer Stunde! Und das mit staatlicher Genehmigung – ohne Rücksicht auf die Natur!!! Das muss endlich ein Ende haben, forderten über 400 Demonstranten am Tag der Arbeit bei einer groß angelegten Kundgebung gegen die Einleitung von Abwässern der K + S in die Werra. Niemand wollte die Arbeitsplätze gefährden, aber eine vernünftige Lösung muss gefunden werden!
Es war die 5. Kundgebung, und der Stachel scheint mittlerweile im Fleisch zu sitzen. Denn zum allerersten Mal verteilten Mitarbeiter von K + S Handzettel mit Gegendarstellungen vor dem Gerstunger Feuerwehrhaus, in dem die Veranstaltung stattfand. Aber es ist nun einmal Fakt: Die Hälfte der flüssigen Salzabfälle aus der Kali-Produktion von K + S wird in die Werra eingeleitet, die andere Hälfte wird in den Untergrund verpresst.

Engagierte Redner wie der umweltpolitische Sprecher der SPD, Dr. Matthias Miersch, MdB, die couragiert auftretende Anja Sigismund, MdL, Fraktionsvorsitzende von B90/Die Grünen im Thüringer Landtag, die Landtagsabgeordnete Sigrid Erfurth, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen im Landkreis Werra-Meißner, stellten sich hinter die Nöte der Bevölkerung und der Paddler und forderten eine Einstellung der derzeitigen Missstände.
Ein erster Schritt soll noch im ersten Halbjahr 2012 gemacht werden, wusste Hermann Thiebes, Vizepräsident Freizeitsport im Deutschen Kanu-Verband. Denn K + S will einen Antrag auf den Bau von Pipelines in die Nordsee stellen. Es gelte aber zu prüfen, ob damit das Problem nicht nur verlagert würde.
Vielfach würden der DKV und seine Mitglieder im Interesse der Natur auch Einschränkungen akzeptieren, zog Thiebes den Vergleich mit der örtlichen Situation. Die Gewässerqualität, die man eher an der deutschen Nordseeküste als an der Werra vermuten würde, könne der DKV nicht akzeptieren!
„Die Verpressung der Salzlauge in den Untergrund darf nicht erst beendet werden, wenn die Kapazitäten erschöpft sind!“, forderte der DKV-Vizepräsident. Er hoffte, dass man sich irgendwann am 1. Mai an gleicher Stelle treffen und dann feiern könne, dass Werra und Weser von ihrer „schrecklichen Salzfracht befreit“ sind. Der DKV sei zwar nur eine kleine Gruppe, aber viele kleine Gruppen seien stark. „Und nicht erst einmal musste ein Goliath erkennen, dass ihn ein David besiegt hat!“ Wobei hier statt „besiegen“ besser von „überzeugen“ die Rede sein müsste, revidierte er sich selbst.
Thiebes bezog sich in seiner Ansprache auf die Unterstützung der Paddler aus ganz Deutschland. Von Bremen bis aus München waren sie gekommen, darunter auch Persönlichkeiten wie Albert Emmerich, Präsident des Kanu-Verbandes Niedersachsen, Norbert Köhler (Präsident des Bremer Kanu-Verbandes) und Stefan Grunewald (Umweltreferent im Hessischen Kanu-Verband).

Über 90 Kajaks paddelten im Anschluss an die Kundgebung die Werra hinunter nach Hörschel, wo sie auf dem Gelände des Kanu-Clubs Rennsteig noch lange miteinander diskutierten. Sie alle sind „Davids“ – und sie schöpfen Hoffnung, dass sie mit ihrem Einsatz ein kleines Steinchen ins Rollen gebracht haben, das eines Tages zu einer Lawine mutieren könnte.
Von Uschi Zimmermann
