Bei kühlem Wetter und kräftigem Rückenwind wiederholte C1-Olympiasieger Sebastian Brendel (Potsdam) seinen 1000m-Weltcuperfolg der Vorwoche in Szeged und setzte sich diesmal mit einem Start-Ziel-Sieg vor Martin Fuksa (CZE) und Mathieu Goubel (FRA) durch. Danach verspürte das Potsdamer Canadier-Ass „Riesenerleichterung“: „Die letzten Meter waren schon ganz schön hart. Da ist die Konkurrenz noch mal gefährlich aufgekommen. Ich war froh, als die Ziellinie kam. Jetzt habe ich zwei Siege hintereinander geschafft, so kann es weitergehen“, schweifte sein Blick voraus auf die kommenden internationalen Aufgaben im Jahr der Heim-WM.
Rund 20 Minuten vor ihm hatten die K2-Olympiasiegerinnen Franziska Weber (Potsdam) und Tina Dietze (Leipzig) nahtlos an ihren London-Erfolg anknüpfen können und im K2 über 500m ihren ersten gemeinsamen Weltcupsieg der Saison vor den Booten aus Weißrussland und Kanada eingefahren. „Uns fehlt noch ein bisschen zum Niveau vom letzten Jahr, aber dafür sind die Rennen ja jetzt da. Grundsätzlich stimmt die Harmonie im Boot wieder“, meinte Franziska Weber und Tina Dietze ergänzte: „Wir müssen noch etwas an der Feinabstimmung arbeiten. Es sind Kleinigkeiten, aber wir haben nun mal das Finale von London im Kopf und daran muss sich nun jedes Rennen von uns messen lassen. Es ist vielleicht wie Jammern auf höchstem Niveau“, fasste die Leipzigerin ihre Analyse des ersten gemeinsamen Weltcup-Auftritts in diesem Jahr zusammen. Auch das zweite deutsche Boot im Zweierfinale der Damen mit Verena Hantl und Sabrina Hering (beide Karlsruhe) erreichte mit Platz fünf ein überaus achtbares Ergebnis.
Mit einem starken Rennen sicherte sich auch der neuformierte K2 der Herren über 1000m mit Max Rendschmidt (Essen) und Marcus Groß (Berlin) beim ersten gemeinsamen Weltcup-Start den Sieg vor den Booten aus Serbien und Russland. Sie legten vor allem mit einer couragierten Startphase den Grundstein für ihren Erfolg, wie Marcus Groß verriet: „Nach den ersten drei, vier Schlägen konnten wir uns etwas von den anderen absetzen und von da an fuhr es sich auch vom Kopf her entspannt. Die anderen Boote mussten ja nun erstmal aufholen.“ Dass für sie ein gutes Resultat drin sein würde, hatten beide schon im Vorfeld gespürt: “Nach dem Vorlauf waren wir guter Hoffnung, den anderen Booten Paroli bieten zu können. Und nach dem Zwischenlauf haben wir durchaus auch mit einer Medaille geliebäugelt“, resümierte Max Rendschmidt ihre Zweierpremiere.
Das Finale im C2 der Herren über 1000m spitzte sich zu einem spannenden Zweikampf zwischen den Olympiasiegern Peter Kretschmer und Kurt Kuschela (beide Potsdam) und den Herausforderern Ronald Verch (Potsdam) und Sebastian Hennig (Leipzig) zu, bei dem am Ende die Herausforderer auf Rang zwei mit 0,36 Sekunden Vorsprung vor den Olympiasiegern auf Rang drei das bessere Ende für sich hatten und sich damit für den Start bei der EM in Montemor in Portugal empfahlen. Der Sieg ging an das tschechische Duo Radon/Dvorak. „Man muss anerkennen, dass die anderen beiden besser waren, aber weh tut es schon“, sagte Peter Kretschmer unmittelbar nach dem Rennen. Ronald Verch indes meinte: „Ich habe mich selten so auf ein Rennen gefreut. Schon beim Einfahren hatte ich ein gutes Gefühl und war optimistisch, dass wir das heute gut machen.“
Eine weitere Silbermedaille steuerte Verena Hantl im K1 der Damen über 1000m zur deutschen Bilanz bei. Eine knappe Stunde nach dem Damen-Zweierfinale paddelte sie hinter der Russin Anastasia Sergeeva zu ihrem bislang größten Erfolg in der Leistungsklasse. „Ich mag ja Rückenwind, und diese Unterstützung brauchte ich heute auch nach dem Zweierfinale“, sagte sie. Die zweite deutsche 1000m-Finalistin Anne Knorr (Leipzig) fuhr auf Rang fünf. Im K1 der Damen über 500m hatte im ersten A-Finale des Tages Katrin Wagner-Augustin zu ihrer eigenen Überraschung hinter 200m-Olympiasiegerin Lisa Carrington (NZL) und Yvonne Schuring (AUT) Bronze erkämpft. Sie wähnte sich zunächst auf Rang vier und freute sich umso mehr, als sie ihren dritten Rang realisierte: „Schön, dass es noch Platz drei geworden ist. Es läuft derzeit ganz gut, obwohl ich ja weniger trainiert habe“, meinte die erfahrene Potsdamerin.
Für die dritte Bronzemedaille aus deutscher Sicht sorgte zum Abschluss der heutigen Finalrennen der K4 der Herren mit Martin Hollstein (Neubrandenburg), Kostja Stroinski (Berlin), Kai Spenner (Essen) und Robert Gleinert (Berlin). Das Herren-Quartett musste sich bei seiner Aufholjagd ab Mitte der Distanz lediglich den sich in starker Form präsentierenden Tschechen und dem Boot aus Portugal geschlagen geben. Schlagmann Martin Hollstein sprach danach von einem „guten Ergebnis“, das durchaus noch Reserven verspricht: „Das war noch nicht ganz das, was wir uns vorgenommen hatten. Uns fiel auch die Umstellung von den Bedingungen gestern auf die heute nicht ganz leicht. Potenzial aber hat das Boot allemal“, so der K2-Bronzemedaillengewinner von London zu seiner neuen Mission K4.
Einen schwarzen Tag erwischte im K1 der Herren über 1000m Szeged-Sieger Max Hoff (Essen). Er kam hinter dem Sieger Rene Holten Poulsen (DEN), Aleh Yurenia (BLR) und Ken Wallace (AUS) auf Rang vier. „Ich komme eigentlich schon bei Rückenwind klar, aber heute ging gar nichts. Ich wollte bei 200m losfahren, doch meine Beine waren fest“, sagte das K1-Ass zu seinem Rennen, das ihn alles andere als zufrieden stellte.
Zufrieden aber zeige sich DKV-Präsident Thomas Konietzko mit dem Abschneiden der deutschen Flotte zum Auftakt der Finals: „Insgesamt sind wir auf einem guten Weg, auch wenn heute einige Sportler enttäuscht sein werden. Vor allem die neuformierten Boote konnten schon mal eine Duftmarke setzen, zum Teil sogar mehr als das. Insbesondere mit dem K2 der Herren scheint ein Boot für die Zukunft gefunden zu sein“, so der Präsident. Auch Chefbundestrainer Reiner Kießler sprach von einem „gelungenen Weltcup-Einstieg“ und bezog dies ausdrücklich auch auf die Athleten in den Mannschaftsbooten: „Selbst die zweiten Boote haben keinesfalls enttäuscht, sondern konnten auf sich aufmerksam machen. Dennoch sind die Mannschaftsboote hier und da noch ausbaufähig“, bilanzierte der Chefcoach den ersten Finaltag.
In den B-Finals schnittten die DKV-Athleten wie folgt ab: Carolin Leonhardt (Mannheim) Platz sieben im K1 Damen 500m, Erik Rebstock (Neubrandenburg) Platz vier C1 1000m, Torben Fröse, David Schmude, Fabian Kux (alle Essen) und Gordan Harbrecht (Neubrandenburg) Platz drei K4 Herren 1000m.
In den Vor- und Zwischenläufen am Samstagnachmittag erreichte der K4 der Damen über 500m mit Carolin Leonhardt, Sabrina Hering, Anne Knorr und Conny Waßmuth (Potsdam) als Sieger des Vorlaufes das Finale am morgigen Sonntag. Ebenfalls direkt ins Finale fuhren Carolin Leonhardt und Conny Waßmuth als erste im Vorlauf der Damen-Zweier über 200m (Potsdam). Weiterhin für die A-Finals über 200m qualifizierten sich Tom Liebscher (Dresden) im K1 der Herren, Tina Dietze im K1 der Damen, Robert Nuck (Leipzig) im C1 sowie Ronald Rauhe (Potsdam) und Jonas Ems (Essen), die ihr Semifinale im K2 der Herren gewannen. In den B-Finals starten Stefan Holtz (Leipzig) nach Rang vier sowie Martin Schubert (Friedrichshafen) und Joshua Kröck (Essen) nach Rang fünf im Semifinale. Norman Bröckl (Berlin) ist im C-Finale der Herren-K1 vertreten.
Komplette Ergebnisse:
http://www.sportis.cz/csv.php?id=1371&co=startovka
Text: H.-P. Wagner
